Verwendbarkeit, UX & Barrierefreiheit: Wichtige Unterschiede

Im Bereich Software Testing lassen sich verschiedene Testarten für nicht-funktionale Anforderungen unterscheiden: Verwendbarkeit, Benutzererfahrung (UX) und Barrierefreiheit. Jede dieser Testarten verfolgt eigene Ziele.

Immer mehr Unternehmen entwickeln eigene Apps, um Nutzer in ihrem jeweiligen Geschäftsbereich anzusprechen. Es gibt viele mobile, Web- oder Desktop-Apps, die sich thematisch überschneiden oder ähnliche Geschäftslogiken verwenden.

Obwohl die Begriffe oft synonym verwendet werden, gibt es einige wichtige Unterscheidungen:

Verwendbarkeit

Die Verwendbarkeit beschreibt die Leichtigkeit, mit der ein Benutzer eine Benutzeroberfläche bedienen kann. Laut Usability-Experte Nielsen (2012) misst Verwendbarkeit, wie einfach eine Benutzeroberfläche zu bedienen ist.

Die Internationale Organisation für Normung (ISO) definiert Verwendbarkeit als das Ausmaß, in dem ein Produkt, System oder Dienstleistung von spezifischen Benutzern zur Erreichung bestimmter Ziele mit Effizienz, Effektivität und Zufriedenheit innerhalb eines bestimmten Anwendungskontextes genutzt werden kann (ISO, 2018).

Bei einem Usability-Test führen Teilnehmer Aufgaben aus, meist unter Verwendung einer oder mehrerer spezifischer Benutzeroberflächen (UI). Ein Testleiter beobachtet das Verhalten der Teilnehmer und sammelt Feedback. Dieses Feedback dient dann zur Verbesserung der Verwendbarkeit des Softwareprodukts.

Die Bewertung der Verwendbarkeit orientiert sich an internationalen Standards und Richtlinien:

  • ISO 9241-110:2020: „Ergonomie menschlicher Systeminteraktion - Teil 110: Interaktionsprinzipien“ (ISO, 2020)
  • ISO/IEC 25066:2016: „Ingenieurwesen von Systemen und Software – Anforderungen und Bewertung der Qualität von Systemen und Software (SQuaRE) - Gemeinsames Industriefeldformat (CIF) für die Verwendbarkeit - Evaluierungsbericht“ (ISO, 2016)
  • ISO 9241-210:2019: „Ergonomie menschlicher Systeminteraktion - Teil 210: Benutzerzentriertes Design für interaktive Systeme“ (ISO, 2019)

Benutzererfahrung (UX)

Die ISO definiert UX als die Wahrnehmungen und Reaktionen einer Person auf die Verwendung oder die beabsichtigte Verwendung eines Produkts, Systems oder einer Dienstleistung (ISO, 2019). Der Syllabus der Internationalen Software Testqualifikationsbehörde (ISTQB) aus dem Jahr 2018 listet eine Reihe von Benutzercharakteristika auf, die vor, während und nach der Nutzung auftreten:

  • Emotionen
  • Überzeugungen
  • Präferenzen
  • Wahrnehmungen
  • Physische und psychologische Reaktionen
  • Verhaltensweisen und Leistungen

Barrierefreiheit

Barrierefreiheit bedeutet, dass Menschen ihre Aufgaben genauso schnell und effizient erledigen können wie Personen ohne Behinderung. Sie ermöglicht Selbstbestimmung und Empowerment und verhindert Frustration durch mangelhaftes Design oder Implementierung. Beispiele für Standards und Richtlinien zur Barrierefreiheit:

  • ISO 9241-171:2008: „Ergonomie menschlicher Systeminteraktion – Teil 171: Anleitung zur Zugänglichkeit von Software“ (ISO, 2008)
  • Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) von der Web Accessibility Initiative (WAI) des World Wide Web Consortium (W3C)

Bedeutung der verschiedenen Testarten

Software Testing ist ein wesentlicher Bestandteil der Softwareentwicklung, der maßgeblich zur Qualität des Produkts und zur Kundenzufriedenheit beiträgt.

Probleme bei der Verwendbarkeit: Können zu Verwirrung, Fehlern, Verzögerungen oder sogar zum Scheitern von Softwareaufgaben führen. In sicherheitskritischen Systemen können Verwendbarkeitsfehler auch zu Verletzungen oder Todesfällen führen (ISTQB, 2018).

Risiken bei der Benutzererfahrung: Können zu einem Misslingen der Benutzererfahrung in einer Software oder deren Supportsystemen führen, beispielsweise wenn Nutzer ein Produkt nicht kaufen können, weil:

  • die verwendete App nicht alle benötigten Funktionen ausführt (fehlende Effektivität)
  • beabsichtigte Funktionen langsam oder ungeschickt ausführt
  • unangenehm zu bedienen ist und keine Zufriedenheit bietet
Risiken bei der Barrierefreiheit: Können zu Verletzungen von Vorschriften führen, wenn die Software nicht von Menschen mit Behinderungen genutzt werden kann. Zudem besteht das Risiko, dass die Software nicht kompatibel mit anderen Software oder Hardware ist, die von Menschen mit Behinderungen verwendet wird (ISTQB, 2018).

Schlussfolgerung

Die Unterschiede zwischen Verwendbarkeit, Benutzererfahrung und Barrierefreiheit sind deutlich. Jede Testart verfolgt spezifische Ziele. Um sich tiefer in dieses Thema einzubringen, empfiehlt sich die Lektüre folgender Quellen:

  • ISTQB Certified Tester Foundation Level Specialist Syllabus Usability Testing: Bietet einen umfassenden Überblick über das Testen von Usability.
  • Artikel der Nielsen Norman Group: Behandeln wichtige Konzepte im Bereich UI/UX.
  • ISO-Standards und -Richtlinien: Enthalten detaillierte Anforderungen und Empfehlungen für die Gestaltung und Bewertung zugänglicher Software.